4.6 Not- und Dringlichkeitsmeldungen
Unterscheidung abnormaler Flugsituationen
In der Luftfahrt wird zwischen drei verschiedenen abnormalen Flugsituationen unterschieden, im Englischen „non-normals“ genannt.
Es wird unterschieden nach:
- der „besonderen“ oder „außergewöhnlichen Situation“, das bedeutet kleinere technische Störungen wie Transponder- oder Funkausfall. Dabei ist die Sicherheit von Menschen am Boden, des Flugzeugs und der Insassen nicht unmittelbar gefährdet. Aber es wird Hilfe benötigt, um eine sichere Landung möglich zu machen,
- der „Dringlichkeitslage“, das bedeutet, dass etwas geschieht, was die sichere Fortsetzung des Flugs beeinträchtigen kann. Die Sicherheit des Flugzeugs und der Insassen ist beeinträchtigt, aber es ist keine sofortige Hilfe nötig. Die plötzliche Krankheit eines Passagiers, Rauch im Cockpit (aber kein Feuer) oder Orientierungsverlust sind Beispiele dafür. Aber auch ein Waldbrand oder schwerer Verkehrsunfall, den du beobachtest, und bei dem noch keine Feuerwehr oder sonstige Hilfe erkennbar sind, kann Grund für eine Dringlichkeitsmeldung sein.
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der „Notlage“ (Luftnotlage). Eine Notlage ist gegeben, wenn das Flugzeug oder seine Insassen in unmittelbarer Gefahr sind und sofortige Hilfe nötig ist. Das kann ein Ausfall oder Brand des Triebwerks, eine Kollision mit einem anderen Flugzeug, blockierte Steuerung oder der Ausfall des Piloten sein.
Es gibt noch weitere Situationen, bei denen es erforderlich wird, dass staatliche Luftfahrzeuge mit hoheitlichen Aufgaben dich auf wichtige Dinge aufmerksam machen müssen.
Das kann irgendeine Überprüfung, aber auch Hilfestellung sein oder auch Maßnahmen, um dich vor Unannehmlichkeiten zu bewahren. In diesen Fällen wirst du von militärischen oder polizeilichen Luftfahrzeugen angeflogen und abgefangen. Zur Kommunikation werden hierfür internationale Abfangsignale verwendet, die du kennen musst. Du bist verpflichtet eine entsprechende Darstellung an Bord mitzuführen, vorzugsweise in gedruckter Form.
- 4.6.1 Verhalten bei einer besonderen Situation
- 4.6.2 Verhalten bei einer Dringlichkeitslage
- 4.6.3 Verhalten bei einer Notlage
- 4,6.4 Funkstille
- 4.6.5 Orientierungsverlust
- 4.6.6 Verhalten bei Ansteuerung durch staatliche Luftfahrzeuge
4.6.1 Verhalten bei einer besonderen Situation
Verhalten bei Transponder- oder Funkausfall
4.6.2 Verhalten bei einer Dringlichkeitslage
Dringlichkeitsmeldung "PAN PAN", Beispielmeldung
Du musst zunächst dein Problem erkennen und die Art der Hilfe ermitteln, die du benötigst. Deine eigene Planung für die nächsten Minuten musst du ebenfalls festlegen. Du musst auch beurteilen, ob die Situation stabil ist oder sich zu einer Notlage entwickeln wird.
Dann setzt du die Dringlichkeitsmeldung ab. Sie beginnt mit dem dreimal gesendeten Begriff „PAN PAN“. Andere Stationen am Boden oder in der Luft unterbrechen möglichst ihre eigenen Meldungen, so dass die Frequenz für dich frei ist. Wenn du im kontrollierten Sichtflug (also in einer Kontrollzone, in einem Luftraum C oder D) oder in Kontakt mit FIS bist, wird der Fluglotse dir Vorrang geben – wenn nötig, bis zu deiner Landung.
Achte aber darauf, dass du beim Senden nicht „ausgeblockt“ bist, weil gerade ein anderer spricht!
Wenn du es mit einer medizinischen oder anderen "Dringlichkeitssituation" zu tun hast, sagst du vor deiner Meldung: "Pan Pan - Pan Pan - Pan Pan". Dann gibst du die Meldung in folgender Weise ab:
Pan Pan, Pan Pan, Pan Pan
Das eigene Flugzeug-Kennzeichen (z.B. D-KABC)
Flugzeugklasse und -typ (Motorsegler, Grob G 109)
Ursache und Schwere deiner Situation
Absicht des Piloten: Was wirst du als nächstes tun?
Position, Flughöhe und Flugrichtung des Flugzeugs
Beispiel:
Du fliegst mit einem Motorsegler von Aachen nach Freiburg, und über der Eifel hat dein Passagier einen Herzanfall. Du bist aktuell nicht mit einer anderen Station in Kontakt. Du konzentrierst dich zunächst auf das Fliegen und stellst sicher, dass der Passagier die Steuerung nicht behindert. So weit wie möglich leistest du Erste Hilfe. Du meinst, dass medizinische Hilfe am schnellsten auf einem größeren Flugplatz möglich ist. Du entscheidest dich, auf dem Flugplatz Koblenz-Winningen zu landen.
Falls du in Kontakt mit der Fluginformation bist, meldest du die Dringlichkeit dem FIS-Lotsen oder dem Flugplatz, den du gerade anfliegst.
Wenn nicht, wählst du die Notfrequenz 121.500 MHz.
4.6.3 Verhalten bei einer Notlage
Notlagemeldung "MAYDAY", Regeln, Beispielmeldung
Wenn du dich in einer "Notlage" befindest, führst du einen so genannten "Mayday Call" durch.
Du sagst dafür das Wort "Mayday" (sprich mäidäi, abgeleitet aus dem französischen „m’aidez“: Helft mir!) dreimal vor der eigentlichen Meldung. Deine Meldung hat nun auch Vorrang vor dem Funkverkehr in einer "Dringlichkeitssituation". Alle anderen Sender halten Funkstille, um deine Sendung nicht zu stören.
Die Anrufreihenfolge ist wie bei der Dringlichkeitsmeldung, nur mit dreimal "Mayday" zu Beginn.
Wenn du Zeit dafür hast, ist es ratsam, den Transponder auf Squawk 7700 einzustellen. Das weist den Radarlotsen darauf hin, dass du in einer Notsituation bist. Wenn du einen Emergency Locator Transmitter (ELT, ein Notsender, der ein Alarmsignal bei 121.500 MHz und auf 406 MHz aussendet) an Bord hast, dann versuche, ihn in der Luft zu aktivieren. Das erleichtert es den Rettungsdiensten, dich zu finden.
4.6.4 Funkstille
Meldungen zur Aufforderung bzw. Aufhebung der Funkstille
Wie schon erwähnt, hat eine Dringlichkeitsmeldung Vorrang vor einer normalen Nachricht. Eine Notnachricht hat Vorrang vor jeder anderen Nachricht. Je nachdem, wer zuerst die Notrufmeldung erhält - ein Flugzeug in der Nähe oder eine Leitstelle am Boden - kann den gesamten sonstigen Funkverkehr unterbrechen.
4.6.5 Orientierungsverlust
Bestimmung des eigenen Standortes mit Kreuzpeilung, Radar und Transponder
4.6.5.1 Ohne Transponder
Standortbestimmung mit Hilfe von Bodenstationen
Du kannst eine Standortbestimmung von bestimmten Bodenstationen, wie Langen Information oder größeren Verkehrsflughäfen anfordern. Jedes Mal, wenn du sendest, kann die Empfangsstation, wenn sie eine 8,33 kHz Raster geeignete Peilantenne (VDF, VHF Direction Finding, = UKW-Peilanlage) hat, bestimmen, aus welcher Richtung das Signal kommt. In der ICAO-Karte sind die Stationen gekennzeichnet, die dich anpeilen können. Leider sind diese Stationen in der letzten Zeit immer weniger geworden.
Früher war auf Forderung der Bundeswehr die zivile Radarabdeckung über den gesamten deutschen Luftraum ausgedehnt. Das ist heute leider nicht mehr der Fall, aber die Primärradaranlagen der Flughäfen haben eine Reichweite von knapp über 100 km (60 Meilen), allerdings mit Radarschatten, meist geländebedingt (Täler, oder unmittelbar hinter Mittelgebirgen). Stuttgart z.B. deckt nahezu ganz Baden-Württemberg ab.
Ein TMG gibt normalerweise ein ausreichendes Radarecho ab, sodass du identifiziert werden kannst. Selbst ein Segelflugzeug wird, abhängig vom reflektierten Echo, erkannt. Du solltest also zumindest ungefähr wissen, wo du warst und wo du sein könntest (hilfreich ist letzter bekannter Standort und Kurs). Zusammen mit einer Beschreibung des untenliegenden Geländes (markante Punkte wie Burgen und Schlösser oder Aussichtstürme) Großstädte in Verbindung mit der Richtung in der du sie siehst und ähnlichem, kannst du meistens vom Lotsen auf dem Radarschirm erkannt und dir dein Standort mitgeteilt werden (Radarlotsen sind meist sehr ortskundig in ihrem Bereich).
4.8.5.2 Mit Transponder
Anforderung einer Standortbestimmung beim Fluginformationsdienstxx
Wenn du einen Transponder hast, kann der Fluginformationsdienst deine Position direkt feststellen und dir mitteilen.
4.6.6 Verhalten bei Ansteuerung durch staatliche Luftfahrzeuge
Warum dieses Kapitel so wichtig ist ...
Vereinfacht ausgedrückt, ist das Ansteuern mit Abfangsignalen nichts anderes, wie die „rote Winkerkelle“ der Polizei im Straßenverkehr, nur eben im Luftraum.
In Deutschland vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo ein Luftfahrzeug abgefangen werden muss. Meistens handelt es sich um Luftfahrzeugführer, die eine falsche Frequenz oder Transponderschaltung gerastet haben und nun als Geisterflugzeug „herumirren“.
Oft werden Lufträume über brisanten Veranstaltungen, wie z.B. bei Gipfeltreffen, Staatsbesuchen, Weltmeisterschaften, oder über Transportstrecken besonders gefährlicher Güter, gesperrt. Auch wenn du unbefugt in so ein Sperrgebiet einfliegst, kannst du abgefangen werden.
In diesem Fall musst du
- die von dem ansteuernden Luftfahrzeug (Militärjet oder Polizeihubschrauber) gegebenen Anweisungen befolgen. Hierfür benötigst du die an Bord mitgeführte Abfangsignaltabelle zum Treffen entsprechender Maßnahmen.
- wenn möglich, die zuständige Flugverkehrsdienststelle benachrichtigen,
- versuchen, mit dem ansteuernden Luftfahrzeug oder mit der, die Ansteuerung leitenden Kontrollstelle, Funkverbindung aufzunehmen und zwar mit
- einem allgemeinen Anruf mit Kennzeichen und Art des Fluges auf der Notfrequenz, 121.500 MHz, ggf. Positionsangabe;
- einen vorhandenen SSR-Transponder auf Modus A, Code 7700 schalten, sofern du von der zuständigen Flugverkehrsdienststelle keine anderen Anweisungen erhältst;
- sofern ADS-B oder ADS-C vorhanden sind, die entsprechende Notfunktion zu wählen, sofern keine anders lautenden Anweisungen bestehen.
Erkennst du, dass sich die Anweisungen der Flugverkehrsdienststelle und die Signale des abfangenden Luftfahrzeugs widersprechen, folgst du zunächst den Signalen und bemühst dich um Klärung.
Hast du während des Ansteuerns (Abfangen) Sprechfunkverbindung und kannst dich jedoch wegen Sprachschwierigkeiten schlecht oder nicht verständigen (evtl. Ausland), verwendest du die vorgesehenen Codewörter, bitte Button drücken. Mit diesen versuchst du zu kommunizieren, jedes Codewort wird zweimal übermittelt.
Folgen Sie mir
Beispiel "Folgen Sie mir":
Ein Segelflugzeug fliegt zur Thermiksuche unbeabsichtigt in ein Beschränkungsgebiet ein, indem scharfe Schießübungen des Militärs stattfinden. Zur Gefahrenabwehr steigt ein Jet der Luftwaffe auf und fängt das Segelflugzeug ab. Dieses bestätigt und der Jet geht in einer flachen Linkskurve auf den Kurs, dem zu folgen ist und geleitet den Segler aus dem Gefahrenbereich.
Sie können weiterfliegen
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Abfangendes LFZ
Reaktion
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Beispiel "Sie können weiterfliegen":
Auf diesem Flugplatz landen
Beispiel "Landen Sie auf diesem Flugplatz":
Ungeeigneter Flugplatz
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Einziehen des Fahrwerks (wenn vorhanden), wiederholtes Ein- und Ausschalten der Landescheinwerfer beim Überfliegen der Landebahn in einer Höhe zwischen 1000-2000 ft über Flugplatzhöhe und Fortsetzung der Platzrunde. Nach dem Signal „Verstanden, folgen Sie mir“ wird ggf. der nächste Flugplatz angeflogen.
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Vorgehensweise wie links beschrieben. Verzichtet das abfangende Luftfahrzeug auf ein erneutes Geleit, dreht es plötzlich mehr als 90° ab und zieht dabei hoch, ohne den Flugweg zu kreuzen. Du kannst weiterfliegen.
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Bin in NOT - Kann Anweisungen nicht folgen
Im Falle eines Abfangens, dem du wegen eines Notfalls nicht oder nur unter großen Umständen (Signal "Kann Anweisungen nicht folgen") nachkommen kannst, musst du dieses dem abfangenden Luftfahrzeug signalisieren.
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Unregelmäßiges Ein- und Ausschalten aller verfügbaren Lichter (auch Haubenblitzer, Handyblitz, Bordlampen). Nach dem Signal „Verstanden, folgen Sie mir“ wird ggf. der nächste Flugplatz angeflogen.
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Vorgehensweise wie links beschrieben. Verzichtet das abfangende Luftfahrzeug auf ein erneutes Geleit, dreht es plötzlich mehr als 90° ab und zieht dabei hoch, ohne den Flugweg zu kreuzen, du kannst weiterfliegen.
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Regelmäßiges Ein- und Ausschalten aller verfügbaren Lichter (kein Rhytmus von Blinklichtern). Nach dem Signal „Verstanden, folgen Sie mir“ wird ggf. der nächste Flugplatz angeflogen.
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Vorgehensweise wie links beschrieben. Verzichtet das abfangende Luftfahrzeug auf ein erneutes Geleit, dreht es plötzlich mehr als 90° ab und zieht dabei hoch, ohne den Flugweg zu kreuzen, du kannst weiterfliegen. |
Beispiel "Bin in NOT":
Die Ansteuerungs- und Abfangsignale sind „international“, d.h. sie sind von der ICAO empfohlen. Diese Konvention wurde jedoch nicht von allen 191 Mitgliedsländern übernommen, grundsätzlich hat jedes Land die volle Verantwortung für den Luftraum über seinem Territorium und seinen Hoheitsgewässern.
In den gängigen Abfangsignallisten oder Flyern findest du oft noch das Signal „Letzte Warnung“. Dieses wurde in Deutschland abgeschafft, hat aber in anderen Ländern oft noch Gültigkeit. Möchtest du wissen, wie dieses Abfangsignal aussieht musst du einfach diesen Button drücken.
Die Begründung für die Abschaffung in Deutschland ist, dass dieses Warnsignal in Deutschland bisher so gut wie nie eingesetzt wurde und dass „Decoy Flare“ (hell leuchtende Infrarot-Störkörper) Lackschäden am „gewarnten Luftfahrzeug“ verursachen können. Außerdem ist beim Flare-Ausstoß bei tiefen Flügen die Brandgefahr durch nur halb abgebrannte, auf dem Boden auftreffende „Magnesiumfackeln“ je nach Untergrundbeschaffenheit nicht zu unterschätzen.
Die Schweiz z.B. sieht das etwas anders, siehe Button
Anker: besondere Situation = Nodri1; Dringlichkeit = Nodri2; Not = Nodri3; Funkstille = Nodri4; Orientierung = Nodri5; Orient ohne Trans = Nodri5a; Orient mit Trans = Nodri5b; Abfangsignale = Nodri6;
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